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Fast die Hälfte aller Menschen, die im vergangenen Jahr eine Suchtberatungsstelle aufsuchten, kamen aufgrund von Problemen mit Alkohol (47 Prozent).

 

Fast die Hälfte aller Menschen, die im vergangenen Jahr eine Suchtberatungsstelle aufsuchten, kamen aufgrund von Problemen mit Alkohol (47 Prozent). Allerdings, so sagt die städtische Suchtkoordinatorin Dr. Kristin Ferse: „Der Anteil hat sich verglichen mit 2021 leicht reduziert. Das gilt ebenfalls für diejenigen, die wegen Crystal Beratung suchten. Anstiege hingegen gab es bei der Beratungsnachfrage in Bezug auf Cannabis, Opioide sowie multiplem Substanzkonsum/Polytoxikomanie. Den langfristigsten Trend sehen wir im ambulanten Bereich jedoch bei den medienbezogenen Problemen, wie beispielsweise der übermäßigen Nutzung der Sozialen Medien oder von Computerspielen. Hier steigt die Beratungsnachfrage seit mehr als zehn Jahren an.“ Demzufolge wurden im Jahr 2022 in Dresdner Suchtberatungsstellen 158 Beratungen und damit dreieinhalb Mal so viele wie im Jahr 2011 (43 Fälle) registriert.

 Symbolfoto PixabaySymbolfoto Pixabay

Der Suchtbericht 2023 der Landeshauptstadt Dresden liegt vor. Die wesentlichen Erkenntnisse:
- Alkohol ist und bleibt mit Abstand die Droge Nummer 1, auch wenn die Alkoholfälle in Krankenhäusern und Suchtberatungsstellen anteilig leicht zurückgehen.
- Fälle von multiplem Substanzkonsum bzw. Polytoxikomanie (Mischkonsum) nehmen zu.
- Crystal-bedingte Krankenhaus-Einweisungen und Suchtberatungen sind leicht rückläufig; bei Cannabis und Opioiden trifft das nur auf die stationären Einweisungen zu, wohingegen die Suchtberatungen ansteigen.
- Medienbezogene Probleme (exzessiver Medienkonsum) nehmen weiter zu.
- Abwasseranalysen zeigen einen ansteigenden Konsum der illegalen Stimulanzien Crystal, Ecstasy, Kokain und Amphetamin (Speed) an.
- In der Kriminalstatistik für Dresden liegen bei Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz Cannabis-Vergehen deutlich vorne und nehmen anteilig zu, Vergehen im Zusammenhang mit Crystal sind hingegen leicht rückläufig.
- Der Freistaat Sachsen insgesamt liegt bei den „substanzbedingten Krankenhauseinweisungen“ je 100.000 Einwohner deutlich über dem bundesweiten Durchschnitt, verbessert sich jedoch erstmals seit 2016 wieder; 2020 auf Rang fünf, 2021 auf Rang sieben.

Krankenhauseinlieferungen wegen Substanzkonsum gingen sogar in 71 Prozent der Fälle (Vorjahr 73 Prozent) auf Alkohol zurück. Dem Alkohol als häufigstem substanzbedingten Aufnahmeanlass ins Krankenhaus folgten 2021 wie in den Vorjahren Aufnahmen wegen multiplem Substanzgebrauch (13 Prozent aller substanzbedingten Einweisungen), wegen Stimulanzien einschließlich Crystal (sieben Prozent) und wegen des Konsums von Cannabinoiden (vier Prozent). Dr. Kristin Ferse: „Die deutlichste Veränderung im Vergleich zum Vorjahr ist der Anstieg der Krankenhauseinweisungen wegen multiplem Substanzkonsum um 29 Prozent.“ Insgesamt steigert sich deren Anteil an allen substanzbedingten Einweisungen der Dresdnerinnen und Dresdner bereits das zweite Jahr in Folge. Bei Alkohol, Crystal und Cannabis hingegen sinken die Anteile jeweils geringfügig.

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Der Bericht setzt die Dresdner Zahlen auch in Relation zu den substanzbedingten Krankenhauseinweisungen in ganz Sachsen und letztere wiederum werden ins Verhältnis zu anderen Bundesländern und Deutschland insgesamt gesetzt. Am Markantesten: In Bezug auf multiplen Substanzkonsum steigt der Anteil der Dresdner Krankenhausfälle an den sächsischen seit Jahren an und erhöhte sich zwischen 2020 und 2021 um sechs Prozentpunkte auf nun 21 Prozent. Sachsen wiederum liegt – 2021 mit 48 Krankenhausfällen pro 100.000 Einwohner – wie in den Vorjahren deutlich über dem bundesweiten Durchschnitt (33 Fälle je 100.000 Einwohner) und belegt im Ranking aller Bundesländer Rang zwei. Auch in Hinblick auf Einweisungen durch psychotrope Substanzen insgesamt steigt der Anteil der Dresdner an den sächsischen Fällen kontinuierlich und erreicht mit 16 Prozent den höchsten Wert seit 2006. Sachsen wiederum liegt mit 468 Fällen pro 100.000 Einwohner über dem deutschlandweiten Durchschnitt (410 Fälle), aber verbessert sich immerhin erstmals seit dem Jahr 2016 in der Platzierung (von Rang fünf in 2020 auf Rang sieben).

Dass die rückläufige Inanspruchnahme der Suchthilfe wegen Crystal nicht mit nachlassendem Konsum gleichgesetzt werden darf, machen die Abwasseranalysen der Technischen Universität (TU) Dresden deutlich. Die gemessenen Crystal-Rückstände in Dresden erhöhten sich 2022 im Vergleich zum Vorjahr erheblich und erreichten den zweithöchsten Wert seit Beginn der Messungen im Jahr 2013. „Das macht uns Sorgen, genau wie die im Zeitverlauf festgestellten Steigerungen der Rückstände von Kokain, Ecstasy und Speed im Abwasser“, so die städtische Suchtkoordinatorin. Was Crystal betrifft, geben auch die Daten der polizeilichen Kriminalstatistik keinen Anlass zur Entwarnung. Die Dresdner Polizei registrierte 2022 anteilig weniger Crystal-Verstöße als im Vorjahr. Allerdings wurde gleichzeitig deutlich mehr Crystal beschlagnahmt als 2021 (plus 60 Prozent) und im Verlauf der letzten zehn Jahre die drittgrößte Sicherstellungsmenge registriert. Das deutet darauf hin, dass die Verfügbarkeit für (potenzielle) Konsumentinnen bzw. Konsumenten hoch ist.

Bei Cannabis zeigen die polizeilichen Daten, dass man die sinkenden Krankenhauseinweisungen nicht als Rückgang der Problembelastung interpretieren sollte. Die Polizei registrierte 2022 gegenüber dem Vorjahr einen prozentualen Anstieg beim Anteil der Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz mittels Cannabis und seinen Zubereitungen (plus fünf Prozent). Die Sicherstellungsmenge von Haschisch steigerte sich enorm (plus 244,8 Prozent), genauso wie die Sicherstellungsmengen von Tabak-Haschisch-Marihuana-Gemischen (plus 139 Prozent). Dr. Kristin Ferse dazu: „Hier werden wir die Entwicklung weiterhin genau im Blick behalten, gerade angesichts der von der Bundesregierung geplanten kontrollierten Freigabe für Erwachsene.“

Resümee
Dr. Kristin Ferse zieht folgende Schlussfolgerungen: „Unser Bericht macht deutlich, dass in Zukunft vor dem Hintergrund der bereits sichtbaren bzw. absehbaren Herausforderungen ein besonderer Fokus auf dem Erhalt des Suchthilfesystems in Dresden und der Sicherung kontinuierlicher Mittel für Suchtprävention liegen muss. Hier geht es vor allem um den steigenden multiplen Substanzkonsum sowie den Medienkonsum von Kindern und Jugendlichen und die von der Koalition geplante kontrollierte Freigabe von Cannabis für Erwachsene, auf welche das Suchthilfesystem (noch) nicht ausreichend vorbereitet ist.“ Die genauen inhaltlichen Schwerpunkte der kommunalen Suchtprävention, die noch bis 2025 vom aktuellen Strategiepapier vorgegeben sind, werden derzeit in einem ämterübergreifenden Prozess, der alle relevanten Schnittstellen von Sucht zu anderen Bereichen involviert, fortgeschrieben. Der vorliegende Suchtbericht liefert dafür eine wichtige Datengrundlage.

Anmerkung:
Die ausgewerteten Daten beziehen sich auf das Jahr 2022. Werden Zahlen von 2021 verwendet, da neuere Daten vom statistischen Landesamt Sachsen noch nicht vorlagen, ist dies genau gekennzeichnet.

Der Suchtbericht kann unter folgendem Link im Bereich „Publikationen und Downloads“ heruntergeladen werden: www.dresden.de/sucht

Quelle: Landeshauptstadt Dresden